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TERROR BILDER KRIEG


Umweg Internet. Menschen im Krieg. Eine andere Zone. Ich bin ohne Absicht hineingeraten.
Hier herrschen die Schrecken des Krieges, der Horror der Gewalt, ich aber stehe nicht im Bombenhagel, mein Körper ist nicht im Visier der Terroristen.

Ich bin in Sicherheit. Ich bin vielleicht in Sicherheit. Wer weiß das so genau?

Frei bin ich ganz sicher nicht, denn ich bin gefangen im Bann der Bilder.
Es sind die Videos aus Israel und Gaza. Sie tragen Terror und Krieg live in den Cyberspace, ich sitze vor dem Bildschirm, täglich eine Stunde oder mehr, und werde beschossen im Sekundentakt.

Ich konsumiere die digitale Pornographie des Todes.

In dieser Todeszone, im Bilderhagel des digitalen Dauerfeuers, ist es dunkel.
Ich kann keinen Sinn erkennen.

Wo ist der Sinn dieses Krieges?

Wo ist der Sinn dieser Bilder? Sie bereiten keine Ästhetik des Mitleids vor.

Diese Bilderfluten des Horrors wirken nicht, nicht moralisch, sie entfesseln nur die Militanz der Parteinahme. Das ist ihr Zweck, als Waffen im Informationskrieg erzwingen sie eine Position.
Und doch, wie auch immer ich mich dazu stelle, sind sie unabweisbar Dokument und Zeugnis der Ereignisse. Ich kann sie nicht entbehren für mein Bild von der Welt.

Ich hasse den Krieg.
Aber der Krieg wird nicht enden, wenn ich die Augen schließe.
Und so werde ich ein Gefangener der Bilder.

Sie üben ihre Gewalt auf mich aus, sie zwingen mich zur Stellungnahme, einer wie auch immer geratenen Entscheidung, aber noch vor dem Reflex des Politischen erzeugen sie eine andere, eine unmittelbare Macht:

Die überlebenden Menschen, neben den Toten, haben oft ein Smartphone in der Hand. Frauen, Männer, Kinder und alte Menschen filmen die zerstörten Körper von Frauen, Männern, Kindern und alten Menschen.
Sie werden selbst dabei gefilmt.

Ist in diesem technischen Kaleidoskop etwas zu sehen?

Was sieht die millionenfache Smartphone-Kamera, was menschliche Augen unbewehrt nicht mehr erfassen können?

Das Unrecht, sie zeigen das Unrecht.

Wie hilflose Kinder ihren Eltern zeigen die Lebenden das Unrecht, aber wem?
Zeigen die noch nicht Zerstörten es ihrem unsichtbaren Gott?

Es gibt keinen Gott.

Am anderen Ende, am Display des Todes, bin nur Ich.

Allein mit den Bildern.